Exekutive Dysfunktion – Chaos und Desorganisation
Ich kann es bestätigen: ADHSler sind Meister in der Produktion chaotischer Verhälnisse, wobei sie sich selbst nicht als Verursacher, sondern als Opfer widriger Umstände sehen. Kinder können binnen Minuten ein aufgeräumtes KInderzimmer in eine ChaDysfunkoslandschaft verwandeln. Auch im Erwachsenenalter ändert sich nicht viel. Im schlimmsten Fall findet man unter erwachsenen ADHSlern den einen oder anderen Messi (Vermüllungssyndrom).

Übrigens: Das Chaos verstärkt sich noch einmal, wenn Mütter mit ADHS ein oder mehrere ADHS-Kinder haben. Sie haben Probleme täglich aufzuräumen, Sachen wiederzufinden, Termine einzuhalten oder angefangene Projekte zu Ende zu bringen. Sie haben keinen Zeitplan und erledigen alles völlig unorganisiert und auf den letzten Drücker. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es sehr schwer ist, seinem Kind das Gegenteil beizubringen, da man kein geeignetes Vorbild darstellt.
Im Arbeitsleben produzieren Männer wie Frauen häufig Chaos, indem sie Berge von Akten auf ihrem Schreibtisch anhäufen, immer in kleinen Häufchen, die aber irgendwann total unübersichtlich in den Himmel wachsen. (Bei mir waren es sog. Ablagekästen, die ich in verschiedenen Farben und schön beschriftet so sehr anhäufte und stapelte, bis ich garnichts mehr gefunden habe. Aber es sah immer sehr ordentlich aus!)
Manch gute Idee ist schon im Sande verlaufen
Ganz oft höre ich von Betroffenen – und ich selber kann dem nur zustimmen-, dass nicht die Setzung von Zielen oder die Planung eines Projektes problematisch ist, sondern die Umsetzung. Vieles wird angefangen, aber leider nicht beendet. So ist schon manch gute Idee an der Umsetzung gescheitert. Es fehlt das Bewusstsein für Prioritäten und dies zusammen mit der schnellen Ablenkbarkeit führt direkt ins Chaos. Im ADHS-Gehirn hat der vorbeifliegende Vogel die gleiche Priorität wie das Fertigstellen der Steuererklärung. Ist der Berg des Liegengebliebenen zu groß geworden, erscheint es unmöglich anzufangen, ihn aufzuräumen. Es lähmt buchstäblich und das eigene Unvermögen führt wiederum zu schlechtem Gewissen und Selbstzweifel.
Zwanghafter Perfektionismus
Eine andere Variante ist der zwanghafte Perfektionismus, den Betroffene entwickeln können, um um sich der Gefahr der Desorganisation nicht aussetzen zu müssen. Sie schaffen es zwar, ein Projekt zu beenden, kommen aber nur sehr langsam voran. Die ständige Kontrolle, ob alles richtig ist und kein Chaos entsteht, strengt enorm an und führt zur Erschöpfung. Noch schlimmer wird es, wenn sich die Ziele zu hoch gesteckt werden und diese dann nicht erreicht werden können. Frustration ist die Folge.
Affektlabilität
Affektlabilität bezeichnet ausgeprägte Stimmungsschwankungen, dazu kommen schnelle Gereiztheit, verminderte Frusttrationstoleranz und Wutausbrüche (gestörte Affektkontrolle) und Ausraster unter Stress (emotionale Überreagibilität).
Mit Affektlabilität meint man häufig auftretende Stimmungsschwankungen, wobei häufig durchaus mehrmals am Tag heißen kann. Sie treten keinesfalls grundlos auf, sondern haben fast immer einen Auslöser. Wenn z.B. etwas nicht so läuft wie man sich das gedacht hat, kann das ganz schön herunterziehen. Und dann dreht die Stimmung völlig unerwartet für andere. Das ist nicht nur total nervig, sondern erzeugt auch immensen Leidensdruck.

Menschen mit ADHS sind oft sehr sensibel und schnell zu irritieren. Sie nehmen sich verschiedene Situationen sehr zu Herzen oder fühlen sich zu Unrecht kritisiert und gekränkt. Von neurotypischen Zeitgenossen werden sie oft als „Sensibelchen“ bezeichnet, worunter Betroffene sehr leiden können.
Unsere emotionalen Antennen sind sehr gut ausgebildet und konstant auf Empfang eingestellt
A.Bartels
Gestörte Affektkontrolle
Eine gestörte Affektkontrolle beschreibt die Unfähigkeit, die oben beschriebenen emotionalen Schwankungen von der Handlung zu trennen. Mit klaren Worten: Betroffene sind sehr temperamentvoll und schnell auf 180. Mir fällt dazu ein Beispiel aus Straßenverkehr ein, wenn man durch vermeintliches Fehlverhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers so provoziert wird, dass man förmlich ausrastet. Wie sich das äußert, überlasse ich deiner Fantasie. Zum Glück sind Wutausbrüche nur von kurzer Dauer. Allerdings leiden Betroffene nach solchen Atacken sehr und es tut ihnen leid. Sie fühlen sich schuldig. Wieder einmal.
