Impulsivität ist eines der häufigsten Symptome von ADHS. Aber was bedeutet das eigentlich? Impulsivität ist die Tendenz, unüberlegt zu handeln, ohne sich vorher über die Konsequenzen Gedanken zu machen. Auch ein neurotypischer impulsiver Mensch kann aggressiv, aufbrausend, cholerisch, hitzköpfig, jähzornig, leicht erregbar, reizbar, tobsüchtig, unbeherrscht, ungezügelt, unkontrolliert, zügellos und sonst was sein, keine Frage. In diesem Falll spricht man von Persönlichkeit oder Charakter.
Doch wie zeigt sich die Impulsivität bei ADHS-Betroffenen?
Menschen mit ADHS können sich schwer damit tun, ihr Verhalten zu beherrschen oder die richtigen Entscheidungen zu treffen. Nach dem Motto „erst handeln, dann denken“ geht impulsives Verhalten mit spontanen, unüberlegten Entscheidungen einher. Das Ergebnis liegt auf der Hand – es kommt sehr oft zu Fehlentscheidungen. Die können teuer und schmerzhaft sein. Z.B. kann die Kaufentscheidung aus dem Bauch heraus schnell zum Fiasko werden, wenn es sich dabei um größere Summen Geldes handelt. Mir ist ein Fall bekannt, da hat ein ADHSler spontan einen Kaufvertrag für eine Immobilie unterschrieben, die sich als Ruine mit ungeheurem Sanierungsaufwand herausstellte. Er konnte sich im Nachhinein nicht erklären, wie es so weit kommen konnte und bereute diese Entscheidung sehr. Nicht zuletzt, weil sie ihn an den Rand des finanziellen Ruins getrieben hat.
Kennst du auch jemanden, der dir ständig ins Wort fällt, dich nicht ausreden lässt, deine Sätze beendet und unerträglich ungeduldig ist? Er hält sich vielleicht nicht immer an Vorschriften und Regeln und reagiert öfter für sein Alter unangemessen emotional. Die Chance ist groß, dass er in unserem Spektrum beheimatet ist. Er wird das Herz buchstäblich auf der Zunge tragen, und aus dem Impuls heraus sprudeln schnell einmal verletzende Worte, die überhaupt nicht so gemeint sind. Das ist zurückzuführen auf eine leichte Störung des Frontalhirns. Das sogenannte limbische System ist für die Impulskontrolle und das Planen aufeinander folgender Handlungen zuständig und scheint bei Menschen mit ADHS den Anforderungen nicht zu genügen.
Gibt es auch etwas Positives?
Natürlich. Menschen mit ADHS können auch impulsiv sein, weil sie extrem neugierig sind und es hassen, stillzusitzen. Sie möchten immer etwas Neues entdecken und erleben und sind deshalb oft in Bewegung und reagieren mit Ungeduld oder messen gerne ihre Fähigkeiten mit anderen. Sportler, Reporter, Forscher benötigen diese Fähigkeiten. Es gibt Situationen im Leben, in denen ist ein Mensch mit ADHS der ideale Kandidat. Alle Tätigkeiten, bei denen schnelles, gezieltes Handeln erforderlich ist, eignen sich sehr gut. Dies sind z.B. alle Ershelfer und Feuerwehrleute sowie Polizisten und Soldaten. Da ist oft nicht viel Zeit nachzudenken und einen Plan zu machen oder etwa Angst zu haben. Da muss aus dem Impuls heraus zielführend gehandelt werden. Schnelle und häufige Reizwechsel sowie Problemlösungen unter Zeitdruck lassen Menschen mit ADHS sehr produktiv werden. Vorsicht: Oftmals ist die Gefahr eines Burn-Outs sehr groß.
Bildlich kann man den Unterschied etwa so erklären: Gehen wir zurück in die Zeit der Jäger und Sammler. Die Sammler mussten systemisch denken und ihre Gärten geplant anlegen, damit sie später auch etwas ernten konnten. Die Jäger waren die ADHSler, die mit ihrem Hyperfokus das Wild bis zur Erschöpfung verfolgen, im Team blitzschnell aus dem Bauch heraus entscheiden und sich gut auf neue Situationen einstellen können. Nach der Jagd jedoch waren die Bäuche voll und die Jäger (ADHSler) zu keinen alltäglichen Routine-Aufgaben mehr imstande. Erst wieder beim Adrenalin-Schub mit Blick auf die nächste Jagd haben sie ihren Hintern wieder hochbekommen.

Hyperaktivität/Motorische Unruhe
In engem Zusammenhang mit der Impulsivität bei ADHS steht die morotische Unruhe. Eigentlich lassen sich die beiden Symptomgruppen nicht voneinander trennen, zumal sie meistens zusammen auftreten.
Vor allem von starker körperlicher Unruhe betroffene Kindergarten- und Grundschulkinder fallen durch ihre Ruhelosigkeit und ihr ständiges Zappeln auf. Diese Unruhe äußert sich z.B. durch ständiges Aufstehen während des Unterrichts oder Mittagessens.Den Kindern fällt es häufig besonders schwer ruhig zu spielen. Sie kippeln mit dem Stuhl, bewegen ständig Hände und Füße bzw. fingern dauernd an Gegenständen herum. Sie sind ständig aktiv und laufen oder klettern permanent.Wenn sie aufgefordert werden, ruhig zu sein oder sitzen zu bleiben, können sie sich meist nur für sehr kurze Zeit daran halten. Die Folgen des vermeintlichen unsozialen Verhaltens sind Ausgrenzung, Demotivation und ein angeknacktes Selbstwertgefühl.

Hoffen auf spätere Besserung
Im Jugend- und Erwachsenenalter ist die körperliche Unruhe meist weniger ausgeprägt, jedoch können weiterhin eine starke innere Unruhe und Anspannung vorhanden sein, die sich nur etwas diskreter zeigen. Häufig bemerkt man nur das nervöse Nesteln der Finger oder dass sie mit etwas herumspielen müssen. Auch Nägelkauen oder Knibbeln an der Nachgelhaut dient oft als Ventil für die innere Unruhe. Erwachsene haben meist besser gelernt, die hyperaktiven Symptome zu verbergen (Masking). Oft beschreiben betroffene Erwachsene eine nicht enden wollende innere Getriebenheit und die Schwierigkeit, nicht abschalten und entspannen zu können.
Die guten Ratschläge wie „entspann dich doch mal“ oder „du musst lernen, loszulassen“ sind nett gemeint, aber in der Regel nicht hilfreich. Ich habe zum Beispiel alle möglichen Entspannungstechniken kennengelernt, keine hat nachhaltig zum Erfolg geführt. Im Weg stand wohl meine Unfähigkeit, die Aufmerksamkeit sinnvoll zu lenken. Das heißt, es ist sehr schwer den Anweisungen des Lehrenden zu folgen ohne abzuschweifen. Die Folge ist Misserfolg und damit wird das Ganze uninterressant. Keine gute Voraussetzung, in Zukunft mittels Entspannungstechniken zur inneren Ruhe zu finden. Erfahrungsgemäß kann da ein Spaziergang in der Natur oder eine kreative Tätigkeit mehr zur Entspannung beitragen. Nicht falsch verstehen, je nach Ausprägung der Symptome kann das Erlernen von Entspannungstechniken sehr hilfreich sein.
Hypoaktivität
Die Ausprägung der Hyperaktivität kann durchaus variieren. Auch die „Träumer-Typen“, also Betroffene mit ADS, berichten über eine innere Unruhe und Rastlosigkeit, die sich aber äußerlich allerdings kaum zeigt. Meiner Erfahrung nach liegt oft ein „H“ mit vor, fraglich ist wie hoch dessen Anteil ist. ADS ist eine Sonderform der ADHS, oft auch ADHS des unaufmerksamen Typs genannt.
Ich persönlich finde die Unterscheidung nicht wichtig und bleibe in meinem Blog bei ADHS als Bezeichnung für alle ihre Formen im Sinne eines Spektrums.
A.Bartels
Alles was bei den Hyperaktiven zu viel ist, ist bei den Hypoaktiven zu wenig
Sie sind meist langsam, umständlich, häufig energielos, verträumt, abwesend und sie können sich nur schlecht motivieren. Sie kommen nicht in die Gänge und brauchen ewig, um eine Aufgabe zu erledigen oder sich zu organisieren. Ansonsten gibt es bei den Symptomen aber auch viele Überschneidungen. Im Erwachsenenalter zeigt sich oft ein Mischtyp aus hyperaktiven und hypoaktiven Anteilen. Auch kann der Typ im Laufe des Lebens wechseln.